In der Hoehle des Kraken by Olivier Descosse

In der Hoehle des Kraken by Olivier Descosse

Autor:Olivier Descosse [Descosse, Olivier]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-30T16:00:00+00:00


8

Nach seiner Unterredung mit Rorotui war Hiro wieder ins Versteck zurückgekehrt. Ein schäbiges Appartement inmitten der beruhigenden Anonymität eines angeknacksten Wohnturms. Les Mureaux oder Trappes, er konnte sich nicht mehr recht entsinnen. Es kam nur auf den Zweck des Ganzen an: Unsichtbar bleiben und auf Befehle warten. Was das anging, so war das Ziel erreicht. In diesen Käfigen der Langeweile, in denen die Kulturen aufeinander prallten, war er überhaupt nicht durch sein Äußeres aufgefallen.

Er öffnete den Kühlschrank und schnappte sich noch ein Bier. An der Dose rannen durchsichtige Perlen herunter, das versprach Erfrischung und einen Rausch. Seit zwei Tagen wartete er nun schon, und immer noch kein Zeichen. Hilda schwieg beharrlich. Die Zwillinge waren wahrscheinlich schon wieder bei ihr auf der Insel, das Päckchen in einem Koffer versteckt oder in eine Decke gewickelt.

Warum also dieses Schweigen?

Hiro, den das Warten zermürbte und der nur diesen alten, verrückten Aïto zur Gesellschaft hatte, stand schon am Rande des Wahnsinns.

Er ließ seine Muskeln spielen und ging wieder ins Wohnzimmer. Ein auf die Schnelle möbliertes Zimmer mit zerlegbaren, funktionalen Möbeln und schweren Vorhängen, die das einzige Fenster verstopften, um den Nachbarn den Schock ihres Anblicks zu ersparen. Typen mit lauter Tätowierungen, die mit nacktem Oberkörper in einem Appartement herumliefen, das voll gestopft war mit elektronischen Messgeräten – bei dem Anblick dürfte man skeptisch werden. Und vielleicht was unternehmen.

Er fläzte sich in einen Sessel. Neben ihm stand ein Funkgerät und schien auf ein Zeichen zu warten.

In einem dunklen Winkel lag Aïto auf einem mit gelbem Stoff bezogenen Sofa und rauchte eine Pfeife. Der kleine Pfeifenkopf verbreitete in der Wohnung einen Geruch nach Laubfeuer.

Hiro raunzte ihn an: »Da ist was faul.«

Aïto nahm einen Zug von seiner Pfeife und zog die Augenbrauen hoch. Weiße Rauchspiralen schienen von seinem silbrigen Skalp aufzusteigen, sehr kurz geschnitten, fast an der Grenze zur Tonsur.

»Magst du rauchen?«

Hiro schüttelte den Kopf. Er kannte dieses Kraut, eine heimische Pflanze, die auf den feuchten Hügeln des Ahorai angepflanzt wurde. Wie all ihre tropischen Cousinen wuchs sie in der Sonne rasend schnell, voll gepumpt mit Alkaloiden, dass es einem den Schädel wegblies.

»Ich habe, was ich brauche«, sagte er und hob sein Bier.

»Wie du willst.«

Der Krieger nickte. Die beiden Männer saßen lange schweigend da, jeder nuckelte an seinem Fläschchen, den Blick ins Leere gerichtet. Diese Augenblicke waren sie gewohnt, keiner fühlte sich unwohl dabei.

Nach etwa zehn Minuten fasste Aïto sich ein Herz.

»Warum hast du Angst?«

Hiro musterte den Alten. Angst? Dieses Gefühl hatte er seit seiner Kindheit nicht mehr gehabt.

»Ich habe keine Angst …«

»Doch. Ich spüre das. Du weißt es noch nicht, das ist alles.«

»Geh mir nicht auf die Eier mit deinem Gesülze. Hilda ruft nicht an. Wir haben keine Nachrichten von den Zwillingen. Es ist etwas passiert.«

»Sei nicht zu ungeduldig, sie weiß genau, was sie tut. Wenn sie sich nicht meldet, heißt das, dass alles läuft wie geplant.«

Hiro ballte die Faust. Die Dose platzte auf und machte dabei ein Geräusch wie splitternde Knochen. Zwischen zusammengebissenen Zähnen stieß er hervor: »Ich habe kein Vertrauen in diese Halben … Sie



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